EPILEPSIE

Epilepsie – Formen, Diagnose, Therapie

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, dessen Zellen sich bei einem Anfall unkontrolliert entladen. Ihr erfolgreiches Management ist bei Menschen wie bei Tieren von hoher Bedeutung für das Umfeld des Patienten und hat eine ausgeprägte emotionale Komponente.

Was passiert während eines Anfalls im Gehirn?

[:de]Hund erleidet einen epileptischen Anfall [:]

An einem sogenannten „epileptischen Fokus“ entwickelt sich eine unkontrollierte, hochfrequente, teils rhythmische Entladung von Nervenzellen. Dadurch werden benachbarte Nervenzellen in diese rhythmischen Entladungen mit einbezogen und breiten sich so über weite Teile des Gehirns aus. Die Anfälle eines Patienten breiten sich immer über die gleichen Bahnen und neuronalen Netzwerke aus und finden, langfristig betrachtet, immer leichter statt. Die Eigenschaft der Lernfähigkeit und die Erinnerungsfähigkeit des Gehirns können möglicherweise dieses Phänomen unterstützen.

Formen der Epilepsie bei Tieren

Beschrieben ist die Epilepsie schon in Quellen von vor ca. 4000 Jahren. Der Name kommt aus dem griechischen und bedeutet „Anfall“, im Altdeutschen sprach man von Fallsucht. Im Prinzip können alle Lebewesen mit Gehirn betroffen sein. Man weiß, dass sogar Vögel epileptische Anfälle bekommen können.

Bei unseren Haustieren unterscheiden wir verschiedene Anfallsformen unterschiedlicher Intensität. Allen gemein ist eine Bewusstseinstrübung, meist auch Speichelfluss, oft werden die Anfälle von Harnabsatz, Kotabsatz, Ruderbewegungen und auch emotionalen Ausbrüchen begleitet. Angst oder Anhänglichkeit kann ein Begleiter von Anfällen sein, wenn das Bewusstsein der Patienten während des Anfalls nicht vollständig verloren geht. Auch beobachten wir manchmal gesteigerte Angst und Anhänglichkeit in der anfallsfreien Zeit bei Epileptikern.

Serielle Anfälle bestehen aus mehr als einem Anfall in 24 Stunden. Ein Status epilepticus ist ein Anfall mit einer Dauer von mehr als 5 min.

Mögliche Ursachen für Epilepsie

Mehr als der Hälfte unserer epileptischen Patienten haben eine genetische Veranlagung, so dass wir von einer erblichen Form der Epilepsie reden. Jedoch haben alle Großhirnerkrankungen oder auch Krankheiten, die nur den Stoffwechsel des Gehirns beeinträchtigen, das Potential epileptische Anfälle auszulösen.

So können Vergiftungen eine sogenannte reaktive Epilepsie auslösen. Insektenvernichtungsmittel und Schneckenkorn seien als Beispiele genannt. Auch Fehlfunktionen innerer Organe wie Leber und Niere können diese reaktive Form der Epilepsie auslösen.

Infektionen und Strukturveränderungen des Gehirns können eine sogenannte symptomatische Epilepsie auslösen. Dies zeigt, wie wichtig die Diagnostik im Hinblick auf den Therapieerfolg ist.

Diagnostik

Neben der gründlichen Allgemeinuntersuchung hat die klinisch neurologische Untersuchung einen hohen Stellenwert. Auch Untersuchungen von Blut, Harn, des Hirnwassers sowie Darstellungen des Gehirns im Kernspintomographen bieten wertvolle Informationen. Bei Patienten mit erblicher Epilepsie wird man in allen Untersuchungsverfahren normale Befunde erhalten (Ausschlussdiagnostik). Ein EEG (Hirnstrommessung) kann als einziges Nachweisverfahren bei diesen Patienten charakteristische Auffälligkeiten zeigen.

Therapie

Reaktive und strukturell bedingte Epilepsie ist, wenn möglich, nach ihrer Ursache zu behandeln. In vielen Fällen ist eine vorübergehend begleitende, manchmal auch lebenslange antiepileptische Behandlung notwendig, wie wir es von Patienten mit erblicher Epilepsie kennen.

Ziele einer Therapie sind Anfallsfreiheit und möglichst wenig unerwünschte Nebenwirkungen der Antiepileptika.

Die besten Therapieerfolge werden bei Hunden erzielt, die vor Behandlungsbeginn möglichst wenige Anfälle hatten. Der Zeitfaktor ist also schon entscheidend, was ebenfalls dafür spricht, schon früh umfassend zu diagnostizieren.

Wir haben in der Veterinärmedizin drei zugelassene Wirkstoffe zur Dauertherapie: Imepitoin, Phenobarbital und Kaliumbromid. Letzteres hat eine Zulassung zur Kombinationsbehandlung.

Phenobarbital und Kaliumbromid benötigen Serumkontrollen zur Einstellung und stehen eher in Verbindung mit Nebenwirkungen wie Gangunsicherheiten, Müdigkeit, Hunger und Durst. Der neuere Wirkstoff, Imepitoin, wird deutlich besser vertragen.

Bei unzureichender Anfallskontrolle lassen sich Antiepileptika auch gut kombinieren. In schwierigen Fällen kann auf weitere Substanzen aus der Humanmedizin zurückgegriffen werden (z.B. Gabapentin, Levetiracetam, Zonisamid).

Trotz umfassender Diagnostik und intensiver Betreuung kann nur etwa ein Drittel der Patienten anfallsfrei gestellt werden. Ein Drittel erfährt eine Verbesserung des Anfallsgeschehens und ein Drittel der Patienten stellt sich als behandlungsresistent heraus.

Studien zum therapeutischen Nutzen einer Nahrungsumstellung lassen hoffen, dass mittelkettige Triglyzeride, hier insbesondere die Caprinsäure, sich günstig auf die Anfallskontrolle auswirken können. Vereinzelt wird vom Einsatz der Akupunktur Hoffnungsvolles berichtet. Chirurgische Optionen liegen in der Regel außerhalb unserer finanziellen Möglichkeiten, obwohl der Einsatz eines Schrittmachers zur Stimulation des Vagusnervs in Studien nachweisbare Effekte gezeigt hat.